Nach dem Putschversuch in der Türkei fordert die islamisch-konservative Regierung von Deutschland die Auslieferung türkischer Gülen-Anhänger. Damit droht neuer Streit zwischen Ankara und Berlin. Per Notstands-Dekret ordnete Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Schließung von mehr als 100 Medien an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ermahnte Erdogan am Donnerstag zu mehr Zurückhaltung im Umgang mit Gegnern. Sie zeigte sich besorgt über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei, in der seit Donnerstag vergangener Woche der Ausnahmezustand gilt.
"Deutschland hat die Aufgabe, sie auszuliefern"
In einem Rechtsstaat müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit "unter allen Umständen" gewahrt werden, sagte Merkel. "Die Sorge besteht darin, dass sehr hart vorgegangen wird, und dieses Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht immer im Zentrum steht." Gerade angesichts von mehr als drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland habe die Bundesregierung daran jedoch "allergrößtes Interesse". Die Eröffnung neuer Kapitel in den Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei schloss Merkel aus.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte dem Sender CNN Türk: "Wie Sie wissen, sind Richter und Staatsanwälte (der Gülen-Bewegung) nach Deutschland geflohen. Und Deutschland hat die Aufgabe, sie auszuliefern." Schon vor dem Putschversuch habe es Auslieferungsforderungen der Türkei an die Bundesrepublik gegeben, "aber von nun an werden wir uns diesen Themen auf einer anderen Ebene widmen. Sie müssen sie ausliefern." Die Gülen-nahe Stiftung Dialog und Bildung in Berlin nannte die Forderung "absurd".
Baden-Württemberg wehrt sich gegen Türkei
Die Türkei hat die baden-württembergische Landesregierung aufgefordert, Einrichtungen der Gülen-Bewegung zu überprüfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", dies habe ihn in höchstem Maße befremdet. "Hier sollen Leute auf irgendeinen Verdacht hin grundlos verfolgt und diskriminiert werden." Kretschmann sagte, ihm seien keine Belege für die Behauptung bekannt, dass die Gülen-Bewegung für den Putsch in der Türkei verantwortlich sei.
Nach Kretschmanns Angaben erhielt die grün-schwarze Landesregierung ein Schreiben des türkischen Generalkonsuls in Stuttgart. Die Regierung sei aufgefordert worden, Vereine, Einrichtungen und Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung "betrieben" werden, einer Prüfung zu unterziehen und eine neue Bewertung vorzunehmen. "Genau das werden wir selbstverständlich nichttp://www.stern.de/politik/deutschland/tuerkei-fordert-von-deutschland-auslieferung-der-anhaenger-von-fethullah-guelen-6985366.html?utm_campaign=social-flow&utm_source=facebook-fanpage&utm_medium=linkht machen", sagte Kretschmann.
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